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Nachhaltiges Dolmetschen

Ein Interview mit Konferenzdolmetscherin Gabriella

Nachhaltiges Dolmetschen? Wie soll das denn gehen? Eine Antwort darauf weiß der Verband der Konferenzdolmetscher (VKD), die Interessenvertretung für Konferenzdolmetscher:innen in Deutschland. Unter dem Motto „VKD goes green“ bündelt der Verband Maßnahmen in Sachen Klimaschutz und Nachhaltgkeit. In einer Interviewreihe stellt der VKD nun Aspekte seines nachhaltigen Handelns vor. Den Anfang macht Gabriella, freiberufliche Konferenzdolmetscherin und Mitglied in der AG Nachhaltigkeit, die auf Initiative einiger Mitglieder im Jahr 2021 gegründet wurde. Sie berichtet unter anderem über die Aktion VKD4Trees, das bisherige Feedback der Mitgliedschaft und darüber, welche weiteren Aktionen in der Zukunft noch geplant sind.

„Die Summe der Einzelnen kann etwas bewegen.“

Im Jahr 2021 hat der VKD die AG Nachhaltigkeit ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?

Die Idee entstand während der Corona-Pandemie. Im Oktober 2020 luden die Kolleg:innen der Regionalgruppe Süd zu einem Online-Meeting zum Thema Nachhaltigkeit. Wir stellten fest, dass das Thema bei unseren Mitgliedern großen Anklang fand. Auch die Idee, eine AG Nachhaltigkeit zu gründen, fiel auf fruchtbaren Boden. Das Ziel: Den Verband nachhaltiger zu machen und den Nachhaltigkeitsgedanken sowohl nach innen als auch nach außen zu tragen. Auf der Jahresmitgliederversammlung Anfang 2021 wurde die AG Nachhaltigkeit schließlich mit rund einem Dutzend Mitgliedern ins Leben gerufen.

Das klingt nach Entschlossenheit! Für Außenstehende wirft das die Frage auf, wie Konferenzdolmetscher:innen konkret zu nachhaltiger Entwicklung beitragen können…

Ich denke, wir können eine wichtige Rolle bei der Bewusstseinsbildung spielen – und zwar sowohl bei unseren Mitgliedern als auch bei Auftraggeber:innen und Technikanbietern. Dabei geht es uns nicht um Askese und Verzicht, sondern vielmehr um einen bewussten Umgang mit den Ressourcen. Und hier können alle, natürlich auch unsere Mitglieder, ihren Beitrag leisten. Welche Verkehrsmittel nutze ich? Wie ernähre ich mich? Welche Produkte konsumiere ich? Durch bewusste Entscheidungen kann der Einzelne seinen Beitrag zu mehr Umwelt- und Klimaschutz leisten. Ich sage immer: Der Einzelne kann das Klima nicht retten, aber die Summe der Einzelnen kann etwas bewegen.

Ist es nicht so, dass Konferenzdolmetscher:innen auch auf sprachlicher Ebene einen Beitrag leisten? Im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte werden ja viele neue Begriffe geprägt.

Absolut richtig. Ich denke zum Beispiel sofort an den Begriff ‚Taxonomie‘, der erst in der jüngsten Vergangenheit eingeführt wurde. Wer hätte gedacht, dass wir einen Begriff aus der Biologie im Finanzwesen benutzen würden, um die Nachhaltgkeit von Finanzaktivitäten zu klassifizieren? Das ist eine klare Ableitung aus der Biologie. Das bedeutet für uns Dolmetscher:innen, dass wir Begriffe wie diesen auf jeden Fall kennen müssen – auch, wenn Klimaschutz und Umweltschutz nicht zu unseren Fachgebieten gehören. Denn oft tauchen Begriffe wie ‚Taxonomie‘ ganz plötzlich und unerwartet in einem Vortrag auf, auch, wenn es um ein ganz anderes Thema geht.

Können Sie beim Dolmetschen eigentlich voraussetzen, dass die Zuhörer:innen solche Begriffe kennen?

Das kommt ganz auf die Veranstaltung an. Ist sie an ein Fachpublikum gerichtet, dann müssen wir diese Begriffe eigentlich nicht aufschlüsseln. Richtet sich ein Vortrag an ein fachfremdes Publikum, dann schon eher.

Und wie sieht es mit den Nachhaltigkeitsbemühungen auf Seiten der Auftraggeber:innen aus?

Auch unsere Auftraggeber:innen und Technikdienstleister haben den Umwelt- und Klimaschutz auf der Agenda. Sie orientieren sich bei ihren Bemühungen an nationalen und internationalen Agenden, wie zum Beispiel den SDGs der Agenda 2030. Im Zuge dessen werden zum Beispiel des Öfteren Veranstaltungsorte, das Catering und die Unterkünfte der Gäste nach Nachhaltigkeitskriterien ausgesucht. Auf den Veranstaltungen selbst wird zudem immer mehr auf Plastik und Papier verzichtet. Einige Ausrichter:innen lassen ihre Veranstaltungen sogar als GreenEvent zertifizieren.

Werden wir konkret: Welche Aktionen hat die AG Nachhaltigkeit bereits durchgeführt?

In diesem Jahr haben wir zum Beispiel unsere Mitglieder zum dritten Mal unter dem Motto „VKD4Trees“ zu einem Spendenlauf mobilisiert. Hierbei handelt es sich um eine dezentral stattfindende Laufaktion, bei der für von VKD-Mitgliedern gelaufene oder gewalkte Kilometer klimarettende Bäume gepflanzt werden. Dabei arbeiten wir mit iplantatree.org zusammen, einer Non-Profit-Organisation aus Halle an der Saale [Anm. d. Red.: Insgesamt konnten durch diese Aktion seit 2021 bereits 559 Bäume gepflanzt werden. In diesem Jahr waren es 109 Bäume.].

Klingt nach einer tollen Aktion! Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Die Idee stammt von der 3BillionTreesPledge der EU-Kommission im Rahmen des Green Deals. Sie hat sich als Ziel gesteckt, bis 2030 drei Milliarden zusätzliche Bäume zu pflanzen. Mit „VKD4Trees“, so haben wir uns gedacht, können wir die Initiative unterstützen und gleichzeitig noch etwas für unsere Gesundheit tun. Als Zeitraum hatten wir den 30. September bis zum 08. Oktober festgelegt, also setzte der Hieronymustag, der internationale Übersetzertag, den Startschuss zur Aktion.

Wie wurde die Aktion angenommen?

Sehr gut! Unsere Mitglieder haben in den ersten beiden Auflagen mehr als 2200 Kilometer zurückgelegt. Somit konnten wir bisher ca. 500 Bäume pflanzen. Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr noch mehr Teilnehmende und noch mehr Kilometer werden. Mal sehen, ob wir das hinbekommen, denn wir wollen in diesem Jahr die Messlatte etwas höher legen. Spendeten wir in den ersten beiden Jahren noch einen Baum pro erlaufener oder erwalkter fünf Kilometer, werden wir in diesem Jahr zehn Kilometer pro Baum verlangen. Sozusagen als kleine Motivationshilfe.

Wie mobilisieren Sie die Mitglieder für das Event?

Indem wir in der Vergangenheit zum Beispiel Lauftreffs organisiert haben. Darüber hinaus rufen wir all jene zu einer Direktspende an iplantatree.org auf, die auch ohne sich zu bewegen die Aktion unterstützen wollen oder keine Zeit haben an „VKD4Trees“ teilzunehmen.

Sich nicht nur ideell und verbal zu Nachhaltigkeitszielen, sondern sich aktiv für die gute Sache zu engagieren, hat viel Zustimmung gefunden und zur Sensibilisierung beigetragen. Im letzten Teil unseres Gesprächs geht es darum, was jede:r selbst tun kann.

Wie ist die allgemeine Resonanz im VKD zu dem Angebot der AG Nachhaltigkeit? Sind Sie zufrieden?

Also dafür, dass es uns ja noch gar nicht so lange gibt, sind wir sehr zufrieden. Aber klar, es kann und sollte auch noch mehr werden. Unser Ziel ist es, innerhalb des VKD etwas ins Rollen zu bringen. Und damit meine ich nicht nur Events, sondern auch, dass sich jede und jeder im VKD Gedanken darüber macht, wie man den eigenen CO2-Fußabdruck reduzieren kann.

Geben Sie dabei Hilfestellungen?

Ja, indirekt, indem wir zum Beispiel auf Tools hinweisen, mit denen man das eigene Verhalten selbstkritisch hinterfragen kann. Ein solches Tool ist etwa der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes. Damit kann man die Emissionen von Präsenz- und auch Online-Veranstaltungen sowie die eigenen, unvermeidbaren Emissionen ermitteln, die dann wiederum kompensiert werden können. Ein einfaches Beispiel: Zu einer Präsenzveranstaltung kann man mit den ÖPNV anfahren und nicht mit dem eigenen Auto. Ich habe übrigens auf das Auto bereits während der Coronapandemie verzichtet. Das war 2020 und ich habe die Entscheidung nie bereut.

Haben Sie für die Zukunft noch weitere Ideen?

Wir haben noch einige Ideen, die wir konkretisieren müssen. Derzeit erarbeiten wir zum Beispiel eine grüne Checkliste für nachhaltiges Handeln. Dabei berücksichtigen wir alle Bereiche des Berufs- und Privatlebens, also Ernährung, Körperpflege, Mobilität, Reisen, Übernachtung, Büroausstattung, digitale Emissionsvermeidung, Haushalt und Energieeffizienz. Sobald die Checkliste steht, werden wir sie über unsere Social-Media-Kanäle zugänglich machen – übrigens nicht nur für unsere Mitglieder, sondern für alle. Denn wie gesagt, nur gemeinsam können wir beim Umweltschutz und Klimaschutz etwas bewegen.


Hat Ihnen unser Gespräch zu den Aktvitäten der VKD-Dolmetscher:innen rund um das Thema Nachhaltigkeit gefallen? Vielleicht hat es Sie auch neugierig gemacht, mehr über unseren spannenden Job zu erfahren. Dann freuen wir uns darauf, von Ihnen zu hören.

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